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Sozial, fair & nachhaltig: Röstlich Coffee Brothers

In den allermeisten Fällen zieht es Start-ups und deren Gründer*innen in hippe Großstadtviertel und nicht in die Beschaulichkeit und Idylle einer Kleinstadt. Daniel und Adrian Sousa, die Inhaber und Gesichter der „Röstlich Coffee Brothers“ aber haben sich für genau den gegenteiligen Schritt entschieden: Sie verlagerten Ende 2019 ihr junges Unternehmen von Hamburg-Rothenburgsort in einen Hinterhof in der Rosenstadt Uetersen.

Und diesen Schritt gingen die beiden ganz bewusst. Zum einen, um sich einen Markt außerhalb der Hansestadt, wo sie mit ihrer Geschäftsidee auf mehr Konkurrenz trafen, zu erschließen, zum anderen wegen der deutlichen günstigeren Mieten im Hamburger Rand, aber vor allem auch, um an ihrem neuen Standort etwas zu bewegen.

Wir machen das nicht, um Millionäre zu werden. Wir wollen im Rahmen unserer Möglichkeiten wirklich etwas verändern.

Daniel Sousa

Spricht man mit den beiden Brüdern, die ein Altersunterschied von sieben Jahren trennt, merkt man, dass ihr Bekenntnis, zum sozialen Unternehmertum oder neudeutsch „Social Entrepreneurship“ keine Marketingstrategie, sondern eine Herzensangelegenheit ist. „Wir machen das nicht, um Millionäre zu werden. Wir wollen im Rahmen unserer Möglichkeiten wirklich etwas verändern“, so Daniel Sousa, der ältere der beiden.  

Ihr soziales und nachhaltiges Engagement zieht sich durch ihr gesamtes Geschäftsmodell. Der Kaffee stammt von zwei Kaffeekooperativen in Honduras, die sich einem ökologischen, nachhaltigen und fairen Anbau verpflichtet haben. „Unser Anspruch ist es, Nachhaltigkeit ernst zu nehmen und unser Handeln danach auszurichten. Für uns ist der ökologische Anbau und ein fairer Handel selbstverständlich! Wir finden, dass nur so eine optimale Kaffeequalität gewährleistet werden kann und nur so viele Menschen in der Produktionskette profitieren können“, so die Brüder zu ihrem Selbstverständnis auf ihrer Homepage.

Im Hinblick auf die Produktion, die Verpackungen und die Auslieferung ihrer Ware setzen die „Röstlich Coffee Brothers“ auf eine weitgehende Reduktion ihres CO2-Fußabdrucks: Frisch aufgebrühter Kaffee wird vor Ort nur in Mehrwegbecher ausgegeben, Bohnen und Kaffeepulver bevorzugt in Mehrwegverpackungen ausgeliefert und der der Versand erfolgt CO2-neutral. Als nächster großer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit planen die „Röstlich Coffee Brothers“ die Bio-Zertifizierung ihres Unternehmens. 

Aber auch das Engagement vor Ort ist den beiden wichtig. So engagieren sie sich in der Uetersener Fair Trade AG und wollen auch dort ihre Impulse setzen, um die Kommune auf dem Weg zur Fair Trade-Stadt zu begleiten. Vor allem aber möchten sie zeigen, dass sich Unternehmertum und soziales, nachhaltiges Engagement keineswegs ausschließen, sondern vielmehr sehr gut ergänzen können.

Die Banken wollten uns damals kein Geld geben, deshalb mussten wir uns unser Startkapital bei Freunden und Familie leihen.

Daniel Sousa

Der Start für ihre Firma war allerdings nicht ganz ohne Hindernisse, denn trotz eines umfangreichen Businessplans und der hervorragenden Ausbildung der beiden, Daniel ist Betriebswirt und Adrian Speditionskaufmann, stießen sie mit ihrem Vorhaben bei den Banken auf taube Ohren. „Die Banken wollten uns damals kein Geld geben, obwohl die Summe, die wir brauchten, wirklich überschaubar war“, so Daniel, „Deshalb mussten wir uns unser Startkapital bei Freunden und Familie leihen, was natürlich nochmal eine ganz andere Verantwortung bedeutete.“

Von der Handelskammer in Hamburg, die sie im Gründungsprozess begleitet hat, fühlten sie sich allerdings gut beraten und auch in Uetersen fühlen sie sich willkommen. Mit der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft des Kreises Pinneberg hatten sie bisher allerdings noch keinen Kontakt.

Ich würde gerne häufiger mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Uetersen fahren, allerdings brauche ich dafür fast zwei Stunden. Mit dem Auto sind es gerade mal 30 bis 40 Minuten. Da gibt es definitiv noch Nachholbedarf.

Adrian Sousa

Ein Manko sei zudem die Verkehrsanbindung Uetersens für sie, da sie beide noch in Hamburg wohnen. „Ich würde gerne häufiger mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Uetersen fahren, allerdings brauche ich dafür fast zwei Stunden. Mit dem Auto sind es gerade mal 30 bis 40 Minuten“, so Adrian Sousa. Und weiter: „Da gibt es definitiv noch Nachholbedarf, um auch andere Unternehmen aus Hamburg hierher zu locken.“

Aber auch einen Umzug aus der Hansestadt in den Kreis Pinneberg schließen die Brüder langfristig nicht aus. „Die Gegend hier ist wirklich schön. Wer weiß, vielleicht ziehen wir auch irgendwann einmal hierher“, so die beiden Kaffeeröster.

Die Stimmung hat sich in der letzten Zeit spürbar negativ verändert, insofern freue ich mich, dass durch die Black lives matter-Bewegung die Debatte endlich auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und auch in der Politik eine neue Dringlichkeit erzeugt.

Daniel Sousa

Nachdem unser Gespräch eigentlich schon beendet ist, kommen wir noch auf ein ganz anderes Thema zu besprechen: den zunehmenden Alltagsrassismus, dem sich auch die beiden Brüder ausgesetzt sehen. „Die Stimmung hat sich in der letzten Zeit spürbar negativ verändert, insofern freue ich mich, dass durch die Black lives matter-Bewegung die Debatte endlich auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und auch in der Politik eine neue Dringlichkeit erzeugt“, so Daniel Sousa.

Ob ihre Hautfarbe möglicherweise auch die abschlägigen Beurteilungen ihrer Finanzierungsanfragen für ihr Unternehmen beeinflusst hat, möchten die beiden nicht bejahen, aber auch nicht gänzlich ausschließen. „Heute ist uns das egal, unser Unternehmen ist super angelaufen und wir haben uns mit unserem Business-Modell etabliert. Mal schauen, wann wie dir ersten Mitarbeiter einstellen müssen“, erklären die beiden.

Mit ihrem Unternehmen und ihrem Engagement sind die „Röstlich Coffee Brothers“ auf jeden Fall ein Gewinn für Uetersen und auch für den Kreis Pinneberg, zeigen sie doch, dass auch hier Start-ups und junge Unternehmen gute Bedingungen vorfinden und unmittelbar einen Effekt für die Region haben können.

Um noch mehr Gründer*innen aus der Stadt Hamburg in das Umland zu ziehen, bedarf es aber auch noch einiger Verbesserungen, wie unser Gespräch gezeigt hat. Angefangen von einer guten Beratung durch die Behörden und die zuständigen Kammern, über eine passende Verkehrsanbindung und Hilfe bei der Standortsuche bis hin zu Förder- und Vernetzungsangeboten für soziale Unternehmer*innen. Daran sollten wir arbeiten, um unsere Region nachhaltig fit für die Zukunft zu machen.

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