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Für ein starkes Urheberrecht!

Die im vergangenen Jahr verabschiedete EU-Richtlinie zum Urheberschutz soll auftragsgemäß das bisher bestehende und nicht zu bestreitende Ungleichgewicht zwischen den Internetkonzernen und den Urheber*innen nivellieren und den Rechteinhaber*innen Verhandlungen auf Augenhöhe mit den Plattformbetreibern ermöglichen.

Zu lange schon müssen die Kreativschaffenden häufig genug untätig zusehen, wie ihre Werke ohne ihre Zustimmung genutzt und sie gar nicht, nur unzureichend und in den meisten Fällen auf nicht nachvollziehbare und nicht kontrollierbare Weise dafür „entlohnt“ werden.

Die bisherigen Entwürfe des BMJV zur Umsetzung der DSM-Richtlinie lassen jedoch befürchten, dass sie den oben genannten Zielen nicht im Sinne der Kreativen und insbesondere der Musikschaffenden gerecht werden, wenngleich durchaus schon viele wichtige und positive Änderungen in die Entwürfe eingeflossen sind.

Zur Kunstfreiheit gehört auch, dass Kunstschaffende die Freiheit haben müssen, darüber zu bestimmen, ob und in welcher Form und zu welchen Bedingungen ihre Werke von Dritten genutzt werden.

Bedauerlich ist weiterhin, dass in der Debatte wiederholt das hohe Gut der Meinungsfreiheit gegen die Rechte von Urheber*innen ausgespielt wird und nur allzu häufig allein die Diskussion um den Einsatz von Uploadfiltern die Auseinandersetzung bestimmt. Zu kurz kommt bei dieser Betrachtung das ebenso hoch anzusehende Gut der Kunstfreiheit, zu dem auch gehört, dass Kunstschaffende die Freiheit haben müssen, darüber zu bestimmen, ob und in welcher Form und zu welchen Bedingungen ihre Werke von Dritten genutzt werden. Diesem Grundsatz muss auch eine neue Urheberrechtslinie folgen.

Dem öffentlichen Diskussion um die Meinungsfreiheit liegt dabei eine eklatante Fehlinterpretation der Rolle der Plattformanbieter zugrunde. Sicher spielen Youtube, Facebook & Co. in unserer heutigen Medienlandschaft eine nicht mehr wegzudenkende Rolle in der öffentlichen Meinungsbildung; es wird jedoch in der aktuellen Debatte meist komplett außen vor gelassen, dass es sich hierbei um rein kommerzielle Plattformen handelt. Diese Konzerne verdienen Milliarden mit Werbeerlösen und Data Mining – jegliche Inhalte sind dabei lediglich Mittel zum Zweck. Und nicht zuletzt durch die illegale Nutzung filmischer und musikalischer Werke über viele Jahre sind diese Plattformen zu ihrer heutigen Größe und Marktmacht gelangt. Es wird daher höchste Zeit, im Sinne der EU-Urheberrechtsrichtlinie eine deutliche Verbesserung der Rechtssituation der Rechteinhaber*innen herbeizuführen.

Die Rechteinhaber*innen müssen wirksam in die Position versetzt werden, über ihre Rechte auch wirklich verfügen zu können und die Verbreitung ihrer Werke zu kontrollieren.

Dabei muss man einer Tatsache klar ins Auge sehen: Man wird der Intention der DSM-Richtlinie nicht ohne den Einsatz von Uploadfiltern nachkommen können, wie auch das von der Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebene Gutachten von Prof. Dr. Spindler bestätigt. Nur so werden die Plattformen ihrem Haftungsanspruch nachkommen können und nur so werden die Rechteinhaber*innen wirksam in die Position versetzt, über ihre Rechte auch wirklich verfügen zu können und die Verbreitung ihrer Werke zu kontrollieren, was gleichzeitig die Voraussetzung für die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen eventuelle Verstöße ist.

Um das intendierte Primat der Verhandlungsgleichheit umzusetzen, müssen die Uploadplattformen zudem ausnahmslos dazu verpflichtet werden, von den individuellen Rechteinhaber*innen Lizenzen zu erwerben und diese angemessen zu vergüten, unabhängig davon, ob es sich um ein „repräsentatives Repertoire“ handelt oder nicht, wie es der aktuelle Entwurf vorsieht. Im Umkehrschluss müssen sie haften, wenn sie dieser Lizensierungspflicht nicht nachkommen. Um es mal ganz einfach zu sagen: Keinem Kaufmann ist es erlaubt, Waren zu verkaufen, die ihm nicht gehören oder deren Herkunft zweifelhaft ist, dies wäre schlicht und ergreifend Hehlerei, daran ändert auch der hehre Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nichts. Sofern keine Lizenz vorliegt, darf eine Wiedergabe nicht erlaubt sein! Nur so können die Rechteinhaber*innen wirklich auf Augenhöhe mit den Diensteanbietern verhandeln und nur so lassen sich bei Verstößen effektiv Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche durchsetzen.

Eine Bagatellgrenze von 20s und die im Entwurf vorgesehen “Pastiche”-Ausnahme ist für die Rechteinhaber*innen nicht akzeptabel.

Weiterhin ist die bislang vorgesehene Bagatellgrenze von 20 Sekunden pauschalierter Lizensierung für die Rechteinhaber*innen auf keinen Fall akzeptabel. Auf Plattformen wie TikTok oder Instagram haben sich bereits heute Videolängen von maximal 15s etabliert. Hier darf es nicht zu einer pauschalen Lizenzfreigabe und Vergütung kommen, mit der den Rechteinhaber*innen die Verfügungsgewalt und Deutungshoheit über ihre Werke faktisch entzogen wird. Jegliche Nutzung, egal welcher Länge, muss Teil einer individuellen Lizenzvereinbarung sein. Hinzu kommt, dass das deutsche Urheberrecht bisher Zustimmungsvorbehalte bei Verfilmungen und Bebilderungen (Synchronisationsrecht) vorsieht, die auf diese Art und Weise meiner Meinung nach ad absurdum geführt würden.

Auch die im Entwurf vorgesehene „Pastiche“-Ausnahme ist für die Rechteinhaber*innen nicht hinnehmbar und vor allem rechtlich so vage und vieldeutig, dass eine Umsetzung faktisch unmöglich scheint. Eine grundsätzliche urheberrechtliche Neubewertung dieser komplexen Thematik und eine Anpassung der Gesetzgebung ist ohne Zweifel geboten, allerdings sollte sie nicht vorschnell im Rahmen der Umsetzung der DSM-Richtlinie zu Gunsten der Plattformen und zu Ungunsten der Rechteinhaber*innen erfolgen.

Die Plattformbetreiber dürfen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden und die rechtliche Verantwortung auf die Nutzer*innen abwälzen.

Schließlich muss die Möglichkeit des „Pre-Flaggings“ der Upload-Inhalte deutlich nachgebessert werden. Es ist User*innen in ihrem eigenen Interesse und im Interesse der Rechteinhaber*innen schlichtweg nicht zuzumuten, diese rechtlich weitreichenden Entscheidungen zu fällen. Hier dürfen die Plattformbetreiber nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden und die rechtliche Verantwortung auf die Nutzer*innen abwälzen. Vielmehr müssten die Rechteinhaber*innen über einen „geflaggten“ Upload informiert werden und die Nutzung im Einzelfall von ihnen freigeben werden. Weiterhin öffnet die grundsätzliche Wiedergabeverpflichtung des Dienstanbieters eines durch die Nutzer*innen als (vermeintlich) erlaubt gekennzeichneten Uploads einer unkontrollierten missbräuchlichen Verbreitung Tor und Tür: Sind fälschlich oder zu Unrecht als erlaubt deklarierte Uploads erst einmal in der Welt, ist deren Verbreitung nicht mehr zu verhindern.

Die Forderungen sind von existentieller Bedeutung für die Kreativschaffenden. Ohne wirksame rechtliche Instrumente, mit denen es im digitalen Zeitalter möglich ist, geistiges Eigentum zu schützen, sind sie weierhin dem „Goodwill“ der Plattformbetreiber ausgeliefert. Dies wurde auf EU-Ebene richtigerweise erkannt und sollte jetzt auch in Deutschland adäquat umgesetzt werden.

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