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Grüne & zugleich wirtschaftsorientierte Hochschulpolitik

Auf seiner Sommertour besuchte Jens Herrndorff, Bundestagskandidat für den Kreis Pinneberg und Vorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, zusammen mit Dr. Ann-Kathrin Tranziska, Grüne Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein, die Nordakademie in Elmshorn.

Bei dem Austausch mit dem Vorstand und Kanzler der Nordakademie, Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christoph Fülscher, drehte es sich vor allem um Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung im Hochschulleben, um die Chancen der Digitalisierung auch nach der Corona-Pandemie und Perspektiven auf eine grüne und gleichzeitig wirtschaftsorientierte Hochschulpolitik.

Als regional verwurzelte, gemeinnützige private Hochschule mit 2.500 Studierenden steht die Nordakademie in enger Kooperation mit 400 regional und überregional ansässigen Unternehmen, die ihre zukünftigen Fachkräfte hier ausbilden und spezialisieren lassen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dualen Bachelor-Studiengängen in den Bereichen Informatik, International Business, Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsingenieurswesen. Das Studium wird von den Partnerunternehmen finanziert. Die Studierenden haben die Möglichkeit, in Wohnheimen direkt vor Ort auf dem Elmshorner Campus zu leben.

Verständnis und Sensibilität für Umwelt- und Klimaschutz halten langsam Einzug in die ausbildenden Konzerne, auch wenn der Weg noch weit ist.

„Als Nachhaltigkeitscampus und Fairtrade-University legen wir großen Wert auf Nachhaltigkeit, Ethik und soziale Verantwortung“, erklärt Fülscher. Dem Nachhaltigkeitsaspekt werde man mit einer eigenen Professur für Nachhaltigkeit und Vorlesungen gerade im BWL-Bereich gerecht, das Thema sei sowohl den Studierenden, aber auch verstärkt den Unternehmen wichtig. „Auch, wenn der Weg noch weit ist, ist es eine positive Entwicklung, dass Verständnis und Sensibilität für Umwelt- und Klimaschutz auf diesem Weg langsam Einzug in die ausbildenden Konzerne nehmen kann, insbesondere im umwelt- und klimaschädlichen Industriebereich“, stellt Jens Herrndorff fest, obgleich er noch großen Handlungsbedarf sieht.

Die Hochschule setze sich darüber hinaus mit einem System für Social Credit Points für zivilgesellschaftliches Engagement der Studierenden ein. Doch wie Fülscher immer wieder feststellt, beginnt die Notwendigkeit einer ausgewogenen Work-Life-Balance schon mit dem Studium: „Für viele Studierende ist ein zusätzliches Engagement neben dem Studium nicht oder nur erheblich eingeschränkt möglich.“

Erfreut nimmt Fülscher wahr, dass der Frauenanteil sowohl in der Universitätsleitung, in der Professorenschaft als auch unter den Studierenden steigt: „Mit Prof. Dr. Kerstin Fink haben wir seit 2020 erstmals eine Präsidentin an unserer Hochschule. Wir erleben außerdem einen stetigen Anstieg des Anteils der weiblichen Studentinnen in unseren technisch orientierten Studiengängen und der Professorenschaft.“ Dr. Ann-Kathrin Tranziska, selbst Naturwissenschaftlerin, ergänzt: „Es ist sehr erfreulich, dass immer mehr junge Frauen sich für MINT-Fächer interessieren, auch wenn bis zur Gleichstellung noch viel Luft nach oben ist. Das hat auch mit weiblichen Vorbildern in entsprechenden Positionen zu tun.“

Ein simples Recht auf Homeoffice wird den Ansprüchen des modernen Arbeitslebens nicht gerecht.

Die Corona-Pandemie stellt auch die Nordakademie seit 2020 vor große Herausforderungen. Dass die Pandemielage eine Präsenzlehre bisher nicht erlaubte, hatte vor allem negative Auswirkungen auf die Studierenden, insbesondere durch den Wegfall des sozialen Campus-Lebens und der persönlichen Kontakte. Der psychologische Dienst der Nordakademie, dessen Hotline für Studierende erreichbar ist, wurde während der Pandemie entsprechend häufiger genutzt.

Dennoch habe sich die digitale Lehre inzwischen gut etabliert: „Zur Qualitätssicherung haben wir entschieden, die Online-Lehre live und mit der gleichen Anzahl an Dozierenden anzubieten“, sagt Fülscher. Die Plattform Zoom funktioniere für diese Zwecke gut, ebenso eröffneten sich durch die digitalen Angebote neue Chancen für die Gewinnung Dozierender aus dem Ausland oder der Reduktion weiter Anreisen. Wie Christoph Fülscher ist auch Jens Herrndorff ein großer Befürworter des mobilen Arbeitens: „Ein simples Recht auf Homeoffice wird den Ansprüchen des modernen Arbeitslebens nicht gerecht. Obwohl es viele Vorteile bietet, kommt es häufig zu Überschneidungen mit anderen Lebensbereichen, insbesondere Kinderbetreuung. Nicht alle Arbeitnehmer:innen haben die Möglichkeit, ungestört von zuhause aus zu arbeiten, deshalb muss in Kombination mit dem Recht auf Homeoffice auch das Aufsuchen von Coworking-Spaces möglich sein.“

Problematisch ist aus Sicht des Nordakademievorstandsaußerdem, dass viele Abiturient:innen nach dem Ausfall von Praktika und angemessener beruflicher Orientierung während der Schulzeit möglicherweise desorientiert und unentschlossen in die Arbeitswelt entlassen werden, gerade wegen der häufig vertraglich geregelten Bindung an die ausbildenden Unternehmen nach dem Studium, die vor diesem Gesichtspunkt abschrecken könnte: „Wir rechnen in diesem Jahr daher mit einer deutlich zurückgehenden Bewerberlage von ca. 20%.“ Einem etwaigen Defizit im Vorwissen der jungen Menschen möchte die Nordakademie durch studienvorbereitende Brückenkurse begegnen. Direktkandidat Jens Herrndorff stellt klar: „Wir müssen als Gesellschaft dafür sorgen, dass die jungen Menschen, die unsere Zukunft sind, nicht allein gelassen werden. Eine flächendeckend gute und zuverlässige Bildungspolitik ist dafür unerlässlich.“

Die zukunftsgerichtete Förderung von Bildung und Forschung, aber auch von Unternehmer:innengeist, Wettbewerb und Ideen ist eines unserer wichtigsten Anliegen.

Nordakademievorstand Fülscher und Direktkandidat Jens Herrndorff stellen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in den politischen Gestaltungsideen fest. So sieht sich die Nordakademie unter anderem durch die Novellierung des Hochschulgesetzes mit staatlichen Einschränkungen der Privatautonomie konfrontiert. Problematisch sei dabei die Andersbehandlung privater Hochschulen im Kontrast zu staatlichen. Dr. Ann-Kathrin Tranziska erklärt, man werde zwecks Erläuterung dieser Punkte gerne Kontakt mit dem hochschul- sowie dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Landtagsfraktion herstellen.

Fülscher betont, dass er den parteiübergreifenden Dialog sehr schätzt. Jens Herrndorff stellt als Fazit seines Besuchs fest: „Grüne Politik und private Hochschulen mit enger Wirtschaftsbindung sind kein Widerspruch. Wir finden in diesem Bereich immer öfter gemeinsamen Anknüpfungspunkte – und dafür sind genau diese kontroversen und gleichzeitig konstruktiven Gespräche, die von gegenseitigem Entgegenkommen geprägt sind, so wichtig. Die zukunftsgerichtete Förderung von Bildung und Forschung, aber auch von Unternehmer:innengeist, Wettbewerb und Ideen ist eines unserer wichtigsten Anliegen.“

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