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Herausforderungen im Pharmasektor

Jens Herrndorff, Bundestags-Direktkandidat und Vorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Kreis Pinneberg, besuchte auf seiner Sommertour im Vorfeld der Bundestagswahl das Pharmaunternehmen medac in Wedel. Im Gespräch mit Geschäftsführer Heiner Will und Pressesprecher Volker Bahr ging es um ein erstes Kennenlernen, Nachhaltigkeit im Gesundheitssektor und die Probleme der Corona-Politik der Bundesregierung.

Als Spezialanbieter in den Bereichen Krebserkrankungen und Autoimmunerkrankungen liefert das Pharmaunternehmen Arzneimittel und Diagnostika in über 90 Länder. Neben ihrem Sitz in Wedel und dem Warenlager in Tornesch verfügt die wachsende Firma über zahlreiche Niederlassungen in ganz Europa und Repräsentanzen in Osteuropa und Zentralasien.

Das 1970 gegründete mittelständische Unternehmen gehört zu den größten Arbeitgeber:innen im Kreis Pinneberg: 1.218 Menschen sind hier beschäftigt. Wichtig für den Wedeler Firmensitz ist daher auch die S-Bahn-Anbindung nach Hamburg über den nahegelegenen Bahnhof.

Als bisherige wirtschaftliche Bilanz der Corona-Pandemie kann Geschäftsführer Heiner Will feststellen, dass es dem Unternehmen bis jetzt gut gelungen ist, durch die Krise zu manövrieren: „Trotz der herausfordernden Lage kam es bei uns nur zu geringen Produktionsschwankungen. Die Versorgungssicherheit konnte mit einer 96,5%igen Lieferfähigkeit aller Artikel gewährleistet werden. Dennoch gibt es natürlich immer einmal wieder Lieferschwierigkeiten. Problematisch ist dies leider vor allem bei Medikamenten, die in geringen Mengen insbesondere gegen seltene Erkrankungen hergestellt werden, z.B. im Bereich der Leukämie bei Kindern.“

Bürokratie, Gesetze und Verordnungen sollten sich nicht zulasten der Patient:innen auswirken. Hier gilt es, gute Abwägungen zwischen der Sorgfaltspflicht des Gesetzgebers und dem medizinischen Fortschritt zu treffen.

Enttäuscht ist man in der Unternehmensleitung insbesondere über die vielen schnell aufeinanderfolgenden Gesetzesänderungen des CDU-Gesundheitsministeriums, die für die Aufrechterhaltung der Produktion in Krisenzeiten immer neue aufwendige juristische Recherchen und betriebliche Anpassungen erfordern, was gerade bei den sehr hohen Qualitätsanforderungen einer Arzneimittelproduktion und –belieferung zu Problemen führt. Eine undurchsichtige und langsame Bürokratie bei gleichzeitig hektischen Gesetzgebungsprozessen bringt die Industrie laut Pressesprecher Volker Bahr an die Grenzen des Möglichen. Zeitgleich würden notwendige Änderungen, die die Situation für Patient:innen und ortsansässige Industrie verbessern würden, oft nicht durchgeführt: „Wir erleben Politik und Verwaltung auf europäischer und auf Bundesebene häufig als wirklichkeitsfremd. Es fehlt der Mut, für Ziele auch entsprechende unterstützende Maßnahmen und Änderungen umzusetzen, weil einschlägige Verantwortliche mehr um ihr aktuelles Image als um eine langfristige Verbesserung der Rahmenbedingungen bemüht sind.“

Jens Herrndorff stellt fest: „Bürokratie, Gesetze und Verordnungen sollten sich nicht zulasten der Patient:innen auswirken. Hier gilt es, gute Abwägungen zwischen der Sorgfaltspflicht des Gesetzgebers und dem medizinischen Fortschritt zu treffen. Es darf nicht nur darum gehen, in der Pandemie Leben zu retten –  es dürfen auch die dringend notwendigen Behandlungen anderer Krankheiten, die oft mit schweren Verläufen und persönlichen Schicksalsschlägen für die Betroffenen einhergehen, nicht unter den Tisch fallen gelassen werden.“

Es freut mich, dass zumindest Teile der Branche daran interessiert sind, den Weg in Richtung einer nachhaltigeren Produktion zu gehen.

Einer der Punkte, an denen es am politischen Willen mangelt, ist laut Heiner Will auch der Bereich der Nachhaltigkeit: „Wir diskutieren als Gesellschaft immer intensiver über nachhaltigeres Wirtschaften, auch in der Pharmaindustrie. Einerseits sind dort gewisse Grenzen gesetzt; eine platinhaltige Chemotherapie z.B. kommt natürlich nicht ohne Schwermetalle aus. Andererseits gibt es auch Bereiche, in denen viel Potenzial liegt, die bisher viel zu wenig betrachtet werden, bspw. die Verpackung: Durch eine geringere Anzahl miteinander vermischter Plastikarten ließe sich das Recycling verbessern, die Option der digitalen Beipackzettel könnte riesige Mengen Papier sparen. Für Hersteller, die hier aktiv tätig werden oder werden wollen, ergeben sich jedoch wegen fehlender gesetzlicher und finanzieller Rahmenbedingungen neben zusätzlichen Hürden keinerlei Vorteile. Leider fehlt hier bisher der politische Wille, gute Vorhaben in der deutschen Industrie zu unterstützen.“

Für Jens Herrndorff steht fest, dass jeder Beitrag zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Pharmaindustrie ein Schritt in die richtige Richtung ist: „Es ist bedauerlich, dass Ideen für eine nachhaltigkeitsorientierte Weiterentwicklung von Produkten und Verpackungen bisher keine Anerkennung finden. Es freut mich aber zu hören, dass zumindest Teile der Branche daran interessiert sind, den Weg in Richtung einer nachhaltigeren Produktion zu gehen. Denn am Ende retten nicht nur die hergestellten Medikamente Leben, sondern auch der verantwortliche Umgang den begrenzten Ressourcen unseres Planeten.“


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