Arnd Boekhoff ist Sprecher der Regionalgruppe Hamburg des Social Entrepreneurship Netzwerks Deutschland (SEND). Die Initiative für SozialunternehmerInnen und soziale Startups, die sich 2017 gegründet hat, möchte mit ihrem Einsatz für soziale Innovationen einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, das Zusammenwirken von Unternehmen und Gesellschaft neu zu denken.
Soziale UnternehmerInnen beziehen ihre gesellschaftliche Verantwortung in ihr Handeln und Wirtschaften stets mit ein.
Im Angesicht der Vielfalt der gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit in Form des Klimawandels, der Digitalisierung, des demografischen Wandels oder auch der Corona-Pandemie, beziehen Soziale UnternehmerInnen ihre gesellschaftliche Verantwortung in ihr Handeln und Wirtschaften stets mit ein. Mit innovativen und zukunftsgerichteten Ansätzen erarbeiten sie Lösungen, nutzen unternehmerische Instrumente und stellen dabei die soziale und ökologische vor die finanzielle Rendite.
Die Coronakrise hat allerdings auch die Sozialen UnternehmerInnen schwer getroffen, da viele Firmen noch jung sind und nicht über ausreichende Rücklagen verfügen. Ohne nennenswerte Hilfen, würden viele der Startups nach eigener Einschätzung maximal 24 Monate überleben. Dies hat eine Umfrage des Netzwerks unter seinen Mitgliedern erst kürzlich ergeben. „Momentan werden auch die Sozialunternehmen massiv gefordert. Einige Unternehmen und Organisationen werden das vermutlich nicht überleben, aber es wird auch Neues aus der Krise entstehen“, so Boekhoff. „Wir sehen in der aktuellen Situation auch eine Chance zur Transformation, weil wir feststellen, dass sich das gesellschaftliche Bewusstsein im Hinblick auf unternehmerische Verantwortung wandelt.“
Die Nachfrage nach nachhaltigen und verantwortlichen Anlagemöglichkeiten überschreitet derzeit das Angebot bei weitem.
Dieser Bewusstseinswandel macht sich auch im großen Interesse von Geldgebern bemerkbar, die bereit sind, in soziale Innovationen zu investieren. Die Nachfrage nach nachhaltigen und verantwortlichen Anlagemöglichkeiten überschreitet derzeit das Angebot bei weitem, erklärt Boekhoff. „Sicher wird die Investitionsbereitschaft auch von einem Mangel an attraktiven Anlagealternativen getrieben und viele erhoffen sich einfach die gleiche Rendite für eine saubere Anlage. Aber die Entwicklung ist auch ein deutliches Signal, dass soziales Unternehmertum ein Modell mit großer Zukunft ist.“ Wichtig sei es allerdings, den Begriff der Rendite nicht nur monetär sondern auch bezogen auf ihre gesellschaftliche Wirkung zu definieren, wozu es noch verbindlicher Kriterien bedürfe. Auch der Begriff des „Sozialen Unternehmertums“ muss seiner Meinung nach deutlich genug definiert sein: „Eine solche Abgrenzung ist wichtig, um Vertrauen zu schaffen und Greenwashing zu vermeiden, wenn Begriff wie Impact und Purpose zum weiter wachsenden Trend werden“, führt Boekhoff aus.
Großartig wäre ein Bundesfonds für soziale Innovationen.
Arnd Boekhoff
Ein Schwerpunkt von SEND besteht daher auch darin, die gesellschaftliche Relevanz von sozialen Innovationen stärker in das Bewusstsein von Wirtschaft und Politik zu bringen, da der Innovationsbegriff zur Zeit meist stark technikorientiert sei. „Mit der Ankündigung der rot-grünen Koalition, eine sozialen Innovationsstrategie für Hamburg zusammen mit den Social Entrepeneurs zu erarbeiten, sind wir auf einem sehr guten Weg. Bisher hängen die Förderungen in den einzelnen Bundesländern leider noch zu sehr an einzelnen motivierten Personen“, bemerkt Boekhoff. „Großartig wäre natürlich ein Bundesfonds für soziale Innovationen. An dieser Idee und auch an der Finanzierbarkeit arbeitet das SEND-Netzwerk seit einiger Zeit intensiv.
Auch auf kommunaler Ebene sieht Arnd Boekhoff Potential für die Unterstützung des sozialen Unternehmertums, konkret in den Beschaffungen der öffentlichen Hand und den Ausschreibungen, in die soziale Kriterien Einzug halten könnten. „ Die öffentliche Hand ist ja mit Abstand die größte Auftraggeberin und hat damit einen riesigen Einfluss, was denn zum Beispiel wie und wo produziert. Das wäre ein starkes Signal auch für andere Unternehmen und würde natürlich einen immensen Nachfrageschub bedeuten“, so Boekhoff.
Auch der Bereich der Unternehmensnachfolge bietet eine Chance zur Transformation bei rd. 150.000 Unternehmen, die derzeit eine/n NachfolgerIn suchen.
Eine weitere Chance zur Transformation bietet sich nach seiner Einschätzung im Bereich der Unternehmensnachfolge. So geht bspw. das Institut für Mittelstandsforschung für den Zeitraum von 2018 bis 2022 von rund 150.000 Unternehmen aus, die eine/n NachfolgerIn suchen. Mittlerweile gäbe es zudem Beratungsagenturen, die Firmen mit dem Fokus auf eine sozialunternehmerische Ausrichtung in diesem Prozess begleiten würden.
“Wenn wir es schaffen, den Begriff der sozialen Rendite gesellschaftlich zu etablieren und dafür zu sorgen, dass er in allen wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen mitgedacht wird, wäre ein großes Ziel erreicht. Der Weg dorthin ist noch lang, aber jeder Schritt lohnt sich”, so Boekhoff abschließend.