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Schwierige Zeiten für Kunst und Kultur

Bei einem kulturpolitischen Austausch des Grünen Bundestagskandidaten Jens Herrndorff im Stadttheater Elmshorn mit Geschäftsführer Dr. Peter Thomsen und dem technischen Leiter Björn Karl drehte es sich um Kultur in Zeiten von Corona, den gesellschaftlichen Stellenwert kultureller Einrichtungen und die Wichtigkeit ihrer Förderung.

Das Stadttheater Elmshorn ist künstlerisch breit aufgestellt: Mit einem Anteil von über 80 % ist das Schauspiel das wichtigste Standbein. Aber zunehmend auch Kabarett- und Musikveranstaltungen – und gelegentlich auch Podiumsdiskussionen oder Fachveranstaltungen – finden auf der 60 m2-Bühne statt. Dr. Peter Thomsen, der seit 24 Jahren Geschäftsführer des Stadttheaters ist, möchte die Kunst und das Theater möglichst vielen Menschen näherbringen: „Wir versuchen, auf unserer Bühne eine große Bandbreite an Veranstaltungen und Kunstformen abzubilden. Gerade für junge Menschen sind moderne Theaterproduktionen und Musikveranstaltungen interessant, unsere älteren Gäste besuchen am liebsten das klassische Schauspiel.“

Wie die meisten Kulturhäuser hat auch das Stadttheater in der Corona-Pandemie eine schwierige Zeit durchgemacht. Aktuell dürfen von den 439 Sitzen nur maximal 180 besetzt werden, zeitweise konnten gar keine Vorführungen stattfinden. Nur mit finanziellen Hilfen von Stadt und Bund konnte das Jahr 2020 überbrückt werden, kurzzeitig stand das Theater vor der Insolvenz. „Die Finanzhilfen für Kultureinrichtungen haben uns sehr geholfen, vor allem im November und Dezember. Wir sind sehr froh darüber, dass die beantragten Gelder so zeitnah ausgezahlt wurden, wissen aber auch, dass das nicht überall der Fall war“, sagt Dr. Thomsen.

In vielen Fällen sind Fördergelder nicht dort angekommen, wo sie gebraucht werden – das zeigt erneut, wie wichtig es ist, dass es mehr kulturelle Expertise im Bundestag gibt.

Jens Herrndorff, der als Bandmanager selbst mit der schwierigen Situation der Kulturschaffenden in Pandemiezeiten konfrontiert ist, kennt das Problem: „Die Auszahlung von Finanzhilfen war 2020 für Kulturschaffende essenziell. An vielen Punkten hat sie aber nicht funktioniert, insbesondere Soloselbstständige standen mit Verdienstausfällen von bis zu 100 % allein da. Dabei sind es gerade die Kulturschaffenden und Künstler:innen, die uns als Gesellschaft durch die Lockdowns gebracht haben. Glücklicherweise hat das Stadttheater die Krise mit den Finanzhilfen bewältigen können. Doch in vielen Fällen sind Fördergelder auch nicht dort angekommen, wo sie gebraucht werden – das zeigt erneut, wie wichtig es ist, dass es mehr kulturelle Expertise im Bundestag gibt und auch, dass Kulturschaffende sich organisieren müssen, um eine Interessenvertretung zu haben.“

Nicht nur in Pandemiezeiten, sondern auch ganz regulär wird das Theater von der Stadt Elmshorn subventioniert. „Dass aufwändige Schauspielproduktionen sich wirtschaftlich nicht immer rechnen, ist ganz normal, denn die hohen Produktions- und Betriebskosten können fast nie von den Einnahmen durch Ticketverkäufe aufgewogen werden. Wie viele andere Kultureinrichtungen sind die meisten Theater daher auf die finanzielle Förderung der Kommunen angewiesen, um weiterbestehen zu können, so auch wir in Elmshorn“, sagt Geschäftsführer Dr. Thomsen. Vor Kurzem hat die Stadt Elmshorn die Sanierung des historischen Gebäudes gefördert, denn die Bausubstanz des 1900 erbauten Gebäudes war nach langer Vernachlässigung marode.

Wir müssen mehr dafür tun, dass Kulturbetriebe eine Perspektive auch über die Pandemie hinaus haben und Kulturschaffende in Krisen nicht mehr allein gelassen werden.

Problematisch ist, dass nicht alle Kommunen für solche Zwecke immer ausreichend Geld zur Verfügung stellen, wie es in Elmshorn passiert. Jens Herrndorff ist überzeugt: „Es ist hochproblematisch für den Kulturbetrieb, dass die Förderung von Kultur keine kommunale Pflichtaufgabe ist. Denn weil die Kommunen hoch verschuldet sind, sind sie zu Sparmaßnahmen gezwungen. Dann werden als erstes dort die Mittel gestrichen, wo keine gesetzliche Verpflichtung vorliegt – und darunter leidet die Kultur vor Ort. Doch Kultur hat mit ihrem Bildungsaspekt, dem Gemeinschaftsgefühl und als Wirtschafts- und Standortfaktor einen hohen gesellschaftlichen Wert, der nicht unbedingt in Euro und Cent messbar ist. Deshalb muss nicht nur ein kommunaler Schuldenschnitt durchgeführt werden, sondern auch die Förderung von Kultureinrichtungen zur kommunalen Pflichtaufgabe gemacht werden.“

Geschäftsführer Thomsen ergänzt: „Als Ort des öffentlichen kulturellen Lebens wünschen wir uns, dass die Stadt Elmshorn auch weiterhin für den Erhalt der Kulturbetriebe Sorge trägt, damit auch deren Qualität gesichert werden kann. Wäre Kultur eine Pflichtaufgabe, wäre die Stadt in prekären Haushaltslagen, in denen das Innenministerium den Haushalt genehmigen muss, nicht gezwungen, die sogenannten freiwilligen Leistungen zu kürzen. Und wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass diese Finanzierung nicht zu einer Rekommunalisierung führt: Die Inhalte, das Programm und die künstlerische Freiheit müssen unbeeinflusst bleiben.“

Aus dem Besuch im Theater zieht Jens Herrndorff ein gemischtes Fazit: „Es ist ein großes Glück, dass das Stadttheater Elmshorn die Corona-Pandemie bis jetzt gut überstanden hat. Dennoch müssen wir auf Kommunal- und Bundesebene mehr dafür tun, dass Kulturbetriebe eine Perspektive auch über die Pandemie hinaus haben und Kulturschaffende in Krisen nicht mehr allein gelassen werden.“


Pressemitteilung Bündnis 90/Die Grünen Kreisverband Pinneberg

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