Kreis PinnebergKultur

“Es gibt keine Lobby für Kultur!”

Jens Herrndorff, Vorstandssprecher des GRÜNEN Kreisverbands, Nadine Mai, Mitglied der Kreistagsfraktion, und Bürgermeisterkandidat Thorsten Berndt hatten im Uetersener Wahlbüro zu einem Kulturdialog geladen, der ganz im Zeichen der Corona-Krise stand.

„Es ist uns wichtig, ins Gespräch über die aktuellen Probleme und Herausforderungen der Branche zu kommen und uns darüber auszutauschen, wie Politik auf kommunaler Ebene – aber auch auf Kreis- und Landesebene – unterstützen kann, um den Kulturstätten durch diese schwierige Zeit zu helfen“, so Herrndorff.

Nadine Mai ergänzt: „Besonders interessiert uns die Wirksamkeit der schon erfolgten Hilfsmaßnahmen und die spezifischen Probleme vor Ort, um das Thema gegebenenfalls auch im Kreistag auf die Tagesordnung zu bringen.“

„Kultur ist systemrelevant und eine bunte und vielfältige Kulturlandschaft eine Bereicherung für den Kreis. Die Corona-Krise bedroht allerdings viele dieser Angebote in ihrer Existenz, weshalb mir dieser Dialog besonders wichtig ist“, fügt Berndt hinzu. 

Wir freuen uns, dass sich überhaupt mal jemand aus der Politik dafür interessiert, wie es uns geht!

Angelika Strub, Theaterschoff Batavia

„Wir freuen uns, dass sich überhaupt mal jemand aus der Politik dafür interessiert, wie es uns geht“, so Angelika Strub, die zusammen mit Hannes Grabau das Theaterschiff „Batavia“ in Wedel betreibt. „Es gibt halt einfach keine Lobby für Kultur“, sind sich die beiden einig. Dank des guten Wetters und des vorhandenen Außengeländes haben sie glücklicherweise diverse Veranstaltungen unter freiem Himmel abhalten können.

Auch in Ellerhoop war man kreativ und hat schnell eine Möglichkeit gefunden, auf dem angrenzenden Sportplatz unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln wieder Konzerte zu veranstalten. „Dank eines tollen Zusammenhalts im Dorf und der guten Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt hat das geklappt, allerdings betreiben wir damit einen Riesenaufwand, nur um im Gespräch zu bleiben“, so Tania und Sven Jagla, die seit fünf Jahren „Das Knopf“ in Ellerhoop betreiben. Dieses Jahr wären sie zum ersten Mal komplett ausgelastet gewesen und versuchen jetzt mit viel Pragmatismus, das Beste aus der Situation zu machen: „Mit der Corona-Soforthilfe und den Benefiz-Konzerten vieler befreundeter Bands kommen wir wohl gerade so durch das Jahr.“

Bernd Keichel, der zusammen mit seinem Geschäftspartner Kai Bartels das Burgkino in Uetersen und das Beluga-Kino in Quickborn betreibt, äußert sich verhalten optimistisch: „So langsam läuft der Kinobetrieb wieder an. Allerdings mussten wir unsere Säle umbauen, um die Abstände einzuhalten, weshalb wir nur eine Belegung von maximal 30% erreichen.“ Zudem fehle ein attraktives Filmangebot, da auch die Produktion der Blockbuster unter den aktuellen Beschränkungen leide. „Als Kinobetreiber wird uns die Krise wohl noch länger begleiten“, so seine aktuelle Sicht der Dinge. 

Viele meiner Musikerfreunde mussten sich beim Sozialamt melden, da für sie die Hilfsprogramme nicht passen – das ist eine Tragödie.

Rudolf Engels, Klosterscheune Uetersen

Rudolf Engels, der das musikalische Programm der Klosterscheune Uetersen verantwortet, ist es besonders wichtig, auf die prekäre Lage der Musikerinnen und Musiker hinzuweisen: „Die derzeitige Situation kommt für viele Künstlerinnen und Künstler einem Berufsverbot gleich. Sie können nicht miteinander proben, geschweige denn auftreten. Viele meiner Musikerfreunde mussten sich beim Sozialamt melden, da für sie die Hilfsprogramme nicht passen – das ist eine Tragödie.“ 

„Auch wir haben das Veranstaltungsprogramm in unserem Haus komplett streichen müssen“, so Jörg Wilcke vom JUKS Schenefeld. „Wir sind stattdessen aktiv auf die Straße gegangen und haben ein Ferienprogramm für die Schenefelder Jugendlichen angeboten. Das hat sehr gut funktioniert.“ Für die Durchführung künftiger Veranstaltungen im JUKS ist er allerdings skeptisch: „Wir können nicht für jeden Besucher die Hand ins Feuer legen und die Gefahr, dass trotz Einhaltung aller Auflagen etwas passiert ist groß“. Dieses Problem sieht auch Tania Jagla von „Das Knopf“: „Wenn sich auf einer unserer Veranstaltungen jemand anstecken würde, wäre das fatal für den weiteren Betrieb. Das mag ich mir gar nicht ausmalen.“

„Nicht nur deshalb blicken wir mit Sorge auf die nächsten Monate“, ergänzt Angelika Strub von der „Batavia“, „Der Vorverkauf für die kommenden Veranstaltungen läuft so gut wie gar nicht, weil die Menschen einfach Angst haben, sich gemeinsam in geschlossenen Räumen aufzuhalten. Wir wissen nicht, wie es so weitergehen soll.“ Auch die Aussetzung der Steuervorauszahlungen helfe da nicht, so ihr Partner Hannes Grabau, da sie früher oder später gezahlt werden müssten und das Problem nur in die Zukunft verschöben. 

Die Lage für die Kulturbranche ist dramatisch. So lange die gegenwärtigen Auflagen aufrechterhalten werden müssen, sehe ich kein Licht am Ende des Tunnels für Künstler und Veranstalter.

jens Herrndorff

Für Grünen-Vorstandssprecher Jens Herrndorff steht fest: „Die Lage für die Kulturbranche ist dramatisch. So lange die gegenwärtigen Auflagen aufrechterhalten werden müssen, sehe ich kein Licht am Ende des Tunnels für Künstler und Veranstalter. Die aktuellen Hilfsprogramme sind gut gemeint, werden aber diese existenzielle Bedrohung nicht dauerhaft aufhalten können. Hier brauchen wir noch intensivere Dialoge und Hilfsmaßnahmen auf allen Ebenen, um dauerhaften Schaden von der Kulturlandschaft und ihren Akteuren abzuwenden.“


Pressemitteilung des Kreisverbands BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 18.09.2020

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